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Dritter Offener Brief zum Naturschutzgebiet Favoritepark und zu seiner Gefährdung durch Randbebauung



An den Minister für den Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, Herrn Alexander Bonde
An das Regierungspräsidium Stuttgart Ref. Naturschutz und Recht
An das Landratsamt Ludwigsburg
Nachrichtlich an das Regierungspräsidium Stuttgart - Ref. Naturschutz und Landschaftspflege
Herrn Oberbürgermeister Spec
 

Sehr geehrter Herr Minister, sehr geehrter Herr Dr. Zelesny, sehr geehrte Damen und Herren,

die von Ihnen, Herr Minister Bonde, unterschriebenen Antworten auf unsere Briefe vom 22.4.2015 und vom 11.8.2015 zum „Naturschutz- und Natura 2000-Gebiet Favoritepark“ in Ludwigsburg waren wenig aussagekräftig und haben uns verärgert. Sie können bestenfalls als Kanzleitrost betrachtet werden. Wenn sich unser MdL Jürgen Walter nicht für uns eingesetzt hätte, wären Sie uns wohl bis heute eine Antwort schuldig geblieben.

Sie bzw. Ihre Mitarbeiter sind nicht auf die von uns gemachten und nachfolgend wiederholten Empfehlungen eingegangen:

 - wissenschaftliche Untersuchungen zu den ehemals vorhandenen Arten und Populationen sowie der Entwicklung der Schutzgüter in einer Gegenüberstellung des früheren und des heutigen Zustandes.

 - Einrichtung eines dauerhaften Monitorings über die Schutzgüter und die besonders bzw. streng geschützten Arten im Naturschutz- und Natura 2000-Gebiet Favoritepark.

 - Erstellung eines Pflege- und Managementplanes allein für das Naturschutz- und Natura 2000-Gebiet Favoritepark.

 - Konsequente Umsetzung des Pflege- und Managementplanes mit Einstellung der erforderlichen Mittel für Personal, Pflegekosten und fachlich-wissenschaftliche Betreuung.

 Auch auf den Qualitätsverlust bei den Schutzgütern (Verschlechterung beim Artenbestand) sind Sie nicht eingegangen. Nach Ansicht der Forstverwaltung geht dieser allein auf die negativen Entwicklungen außerhalb des Parkes zurück.

Warum gab und gibt es immer wieder Eingriffe in dieses wertvolle Schutzgebiet?

Jüngere Beispiele sind der Bau des Fußgängerstegs über die Marbacher Straße, der Ausbau der Bottwartalstraße und eines Fuß- und Radweges entlang der Bottwartalstraße, der Bau eines Fuß- und Radweges entlang des westlichen Parkweges.  Sie behaupten allen Ernstes in Ihrem Antwortschreiben, datiert vom 22.10.15, daß der Favoritepark von einem „dienenden Landschaftsschutzgebiet“ umgeben sei. Wie war und ist es dann möglich, daß in der Vergangenheit konstant Eingriffe in der Umgebung des Schutzgebietes stattfanden und jetzt noch stattfinden?

Unter anderem durfte die Pädagogische Hochschule 2014 ohne Information der Öffentlichkeit drei Erweiterungsbauten in unmittelbarer Nähe des Parks errichten.
Eine Wohnbebauung an der S-Bahnlinie, der Bau eines Lidl-Marktes mit Parkplätzen sowie die bauliche Zwischennutzung einer Ackerfläche für Parkplätze und der Neubau eines Fuß-/Radweges am Ortseingang von Hoheneck sind weitere Beispiele für Eingriffe in Natur und Landschaft in der Pufferzone des Favoriteparks.

Wie ist es weiter möglich, daß das Landratsamt Ludwigsburg bei den ersten Nachrichten über Flüchtlingsunterbringung (konkrete Zahlen waren noch gar nicht bekannt) eine dem Land Baden-Württemberg gehörende Freifläche an der Fröbelstraße vom Land Baden-Württemberg pachten und die Stadtverwaltung Ludwigsburg auf Antrag des LRA eine endgültige Bebauung mit einem Asylbewerber-/Studentenwohnheim genehmigen konnte? Das Areal liegt in einem für den Wasserhaushalt des Parks wichtigen Gebiet ohne Bebauungsplan (s. rotes Kreuz auf beiliegendem Plan). Wohlgemerkt: es gibt in Ludwigsburg zahlreiche leerstehende Wohnungen und Gebäude, die aber für Wohnungsbau durch Investoren abgerissen werden sollen.

Uns liegen Informationen vor, daß die Umgebung des Favoriteparks vor Beginn der Bebauung im großen Stil von zahlreichen Feuchtgebieten umgeben war und es im Park sowie dessen Umgebung viel mehr Wasser gab als heute. Unser Verband hat in der Vergangenheit auf die künstliche Grundwasserabsenkung im und um das Schutzgebiet herum immer wieder hingewiesen und verlangt, hier die ursprünglichen Verhältnisse wiederherzustellen. Auf diese Zusammenhänge gehen Ihre Antwortschreiben mit keinem Wort ein.

Wir sind der Meinung, daß die Anlage von Rückegassen im Schutzgebiet zu einer großflächigen Entwertung des Favoriteparks beiträgt, da sie Vegetation vernichtet und den Boden u.a. durch Verdichtung schädigt.

Rückepferde im Einsatz. Foto: www.rossnatour.deRückepferde im Einsatz. Foto: www.rossnatour.de

 

Unser Vorschlag, in Zukunft statt Vollernter Rückepferde einzusetzen, wurde von der Vertreterin des Landratsamtes Ludwigsburg mit dem unzutreffenden Argument beantwortet, daß diese Art der Holzfällung nur für dünne Stämme geeignet sei. Im Naturschutzgebiet Gerlinger Heide hat der Einsatz von Rückepferden funktioniert. Offenbar hält man uns für so unwissend, daß uns nicht klar ist, daß Rückegassen und Vollernter preisgünstiger sind als Pferde. Ist unser Favoritepark es nicht wert, ein paar Euro mehr auszugeben, um Bodenverdichtungen zu vermeiden?

Der negative Trend bezüglich des Verlustes an biologischer Vielfalt durch Landnutzung, Siedlungsentwicklung und Verkehrspolitik ist bisher in Baden-Württemberg nicht gestoppt worden, auch nicht unter einem grünen zuständigen Minister und einem grünen Ministerpräsidenten. Wenn Sie mit allen engagierten ehrenamtlichen Umweltschützern im Lande Baden-Württemberg so umgehen wie mit uns, wundert uns das auch überhaupt nicht.

Es ist leicht, im Internet und bei Pressekonferenzen die Naturschutzstrategie Baden-Württemberg (Abschnitt VI.1) mit der Aussage „Die Qualitätssicherung von Naturschutzgebieten ist ein wichtiger Schwerpunkt der Landespolitik“ zu vertreten. Wir als engagierte Umweltschützer sind der Meinung, daß erst die Praxis zeigt, wie ernst die Theorie gemeint ist.

Wir fordern Sie als zuständigen Minister auf, unserem Begehren nach einem gesetzlich vorgeschriebenen Pflege- und Managementplan nur für den Favoritepark baldmöglichst in der Praxis nachzukommen.

In Zusammenhang mit dieser Forderung beantragen wir bei der zuständigen Behörde, daß die Restflächen ohne Bebauungsplan, die rund um den Favoritepark noch existieren, als Pufferzonen („dienende Landschaftsschutzgebiete“) ausgewiesen werden. Sie als zuständiger Minister sollten uns bei dieser Forderung unterstützen.

Ihr Angebot, Herr Minister, an einem „Runden Tisch Favoritepark“ mitzuarbeiten, haben wir gern angenommen. Nur gab es bisher keine Einladung zu einem solchen „Runden Tisch“.

Wir warten auf Ihre Antwort.

 

Mit freundlichen Grüßen

i. A. des Vorstandes Elga Burkhardt, Vorsitzende